--> Restaurant Cubus
Lucca folgte Bill verwirrt. "Aber ich hab doch keine Sachen, die du mir geben könntest, laber doch kein blödes Zeug", sagte sie provokant, doch Bill konterte wie üblich: "Weniger quasseln, mehr den Arsch bewegen", und wie nur er es konnte brachte er Lucca dazu, schneller zu gehen. Sie stiegen eine Treppe hinab, die zum Weinkeller führte. Bill zog ein altes Fass weg, das sie irgendwie nie öffneten, und das doch nie verstaubte, und nun wusste sie auch, wieso. Da war eine Falltür, die er öffnete.
"Bill?"
"Geh da runter. Und ein bisschen schneller wie sonst"
Lucca gehorchte ihrem ehemaligen Chef und stieg runter. Die Tür führte sie zu einer metallernen Treppe und was sie dort sah, beeindruckte sie. Eine völlig heruntergekommene Kellergegend, die an mehreren Stellen Gänge hatte, von denen einige so nass waren, dass es sich nur um einen Gang zu Kanalisation handeln konnte. Die Wände waren gespickt mit angepinnten Zetteln und einige alte Holzstühle standen in der Ecke, auf denen Männer und Frauen in Kostümen saßen und gerade ihre Gespräche abbrachen, als sie runterkam. Waren das... Vigilanten? Was machten die in ihrem Keller?
"Weitermachen, das hier ist privat!", rief Bill und kam ebenfalls runter. Lucca stieg nur noch impulsiver runter, obwohl sie die Situation überforderte.
"Da du ja jetzt arbeitslos bist, wirst du zu meinem Angebot nicht nein sagen. Lucca Harper, möchtest du meine Gehilfin sein? Nicht mehr als Tellerwäscherin, sondern als Vermittlerin."
"Vermittlerin für was?", fragte Lucca und überspielte ihre Verwirrtheit mit einem genervten Ton, während sie die ganzen Zettel überflog. Auf den zwischen den Trümmern liegenden Tischen stapelten sich Unmengen an Zeitungen der Vigilance News und ein Vigilant zerriss gerade wutentbrannt eine Ausgabe davon.
"Der Grauen. Wir sind eine Organisation, die Aufträge für Vigilanten vermittelt. Ich kenne sie alle, Lucca. Und alle kennen mich. Jeder beansprucht mich"
"Wieso heute?"
"Weil du deinen ersten Haftbefehl hast. Eine Faustregel ist, weihe erst jemanden in das Geheimnis der Grauen ein, wenn er einen Haftbefehl hat. Ich hab mich die ganze Zeit gefragt, wann es endlich bei jemandem wie dir soweit sein wird. Stimmt's Jungs?!"
Einstimmiges Grölen war zu hören und einzelne Stimmen hoben sich mit einem: "Ich hab schon 14!" oder einem "Und Mädels!" ab.
"Wissen Linus und Piere davon?", erkundigte sich Lucca weiter und bleckte die Zähne einem Terroristen entgegen, der sie anstarrte. Sein Gesicht verfinsterte sich.
"Ja und Nein. Linus ist auch Vigilant, ich kann ihn deswegen nicht als Gehilfen engagieren, er ist parteiisch. Und Piere kannst du vergessen. Also, was sagst du?"
"Was muss ich machen?"
"Alles, was ich sage. Ich habe alles im Blick, Lucca. Ich lese jeden Artikel der Zeitung und kann erkennen, welcher Vigilant für welchen Auftrag geeignet ist. Du bist hart genug. Ich werde dich als mein Botenmädchen ausschicken, damit du den richtigen Vigilanten das Richtige sagst. Warnungen, Angebote, Nachrichten, das alles. Im Gegenzug kriegst du Geld, darfst deine Wohnung behalten, und als Mitglied der Grauen bringt dich kein Vigilant um, der sich nicht etwas von uns verspricht. Und das sind nicht wenige. Selbst NightRyder überlegt es sich zweimal, bevor er dich mitnimmt"
"Nightwer?"
Bill seufzte. "Du hast noch viel als meine Gehilfin zu lernen... hey! Hör auf, EternalFlame so provokant anzustarren!"
"Eternalwas? Was ist denn das für ein Strumpfhosenname?"
"Oh, du willst auch einen Codenamen, was? Ich denke-"
"Ist ja gut, ich hör ja auf! Du hast mich. Mal wieder."
"Gut. Dann hast du jetzt schon eine Aufgabe für heute Nacht.", er reichte ihr eine Karte. Lucca starrte auf den Ausweis. Was las sie denn da? Reich...?
"Das ist ein Ausweis fürs Reichenviertel. Ich kenne Fälscher. Bald kommt Kim Sounthils Maskenball, und ich weiß, dass dort etwas passieren wird. Ich brauche Leute vor Ort, die mir Informationen geben. Sämtliche Vigilanten lecken sich alle zehn Finger nach jeder Nagelackvorliebe der jungen Dame. Fall bloß nicht auf. Dein Job ist gefährlich."
Lucca nickte. Sie musste das alles erstmal verdauen. Aber Bill brauchte sie, und er hatte sie gedeckt. Das würde sicher aufregender werden, als Teller zu waschen.