Haus der Dragonjowitschs

--> Kristallgalerie (02.08.2063)

Wieder im Armenviertel ging Akutos, dessen Pullover vom immernoch stetig fallenden Regen durchnässt wurde, in Richtung der Gasse, in der er seine Sachen deponiert hatte. Etwas hatte sich geändert. Eine Gruppe Jugendlicher, bestehend aus vielleicht fünf Personen, stand um die Mülltonne herum, auf die er sein Bündel geworfen hatte. "Cool, das ist ja eine Knarre", hörte er den einen sagen. Diese Kleinen mussten sich auch immer alles herausnehmen.
Der große Mann lehnte in einiger Entfernung das Schwert des Mädchens an eine Wand und bezog direkt hinter den beinahe Erwachsenen Stellung. Ob es sein Geruch, oder der Schatten, der sich über sie legte, oder einfach seine menschliche Aura war, war nicht klar, auf jeden Fall drehte sich der erste, ein recht breitschultriger mit Pickeln und Bartstoppeln, zu ihm um, die anderen folgten seinem Beispiel. "Die Sachen gehören mir", stellte der Detektiv fest und streckte seine Hand aus. Die andere Partei machte keine Anstalten, ihm irgendetwas auszuhändigen. "Ihr könnt es mir geben, oderm ich kann es mir zurückholen", kam die nächste monotone Feststellung. Einer der Jugendlichen nahm hinter dem Rücken Locks Brechstange hervor, der andere richtete die Pistole aus der Manteltasche auf ihn. Sie schienen sich entschieden zu haben.
Ohne Vorwarnung tat der Russe einen Ausfallschritt nach vorne und schlug gegen die Innenseite des Pistolenarms des einen, der zur Seite gedrückt wurde. Ein Schlag in die Magengegend brachte die Körperspannung zum erliegen, weswegen der Große ihm den Arm auf den Rücken drehen und die Pistole aus der hand winden konnte, mit der er dem Jungen einen deftigen Schlag auf den Hinterkopf versetzte. Ein dumpfer Aufprall und ein leises Platschen zeugten von der Effektivität des Angriffes. Wieder strekte Akutos die hand auffordernd aus. Sein Arm wurde jedoch sofort von seiner Brechstange richtung Erde geschmettert. Der Angreifer holte wieder aus. Schlag aufdie Hfte. Akutos Sprang zurück, um diesem zu entgehen, und gleich wieder auf den anderen zu. Ein Kniestoß in die Weichteile zur Dekonzentration, ein Schlag in die Magengegend zum Bücken, ein Kniestoß gegen die zur Erde gerichtete Nase als Niederschlag. Die Brechstange knallte auf die Straße.
"Auch noch?", fragte der Große, woraufhin die drei verbliebenen auf ihn zustürzten. Es Endete damit, dass zwei auf dem Boden lagen, mit den Köpfen des jeweils anderen ausgeknockt, während der dritte sich aus den Pfützen machte. "Das hättest du auch einfacher haben können!", rief Akutos dem letzten Aufnahmefähigen entgegen und legte danach seine Ausrüstung wieder an. Brechstange, Mantel, Sichtgerät, Hut, Schal vor den Mund, Handschuhe, Balisong und Pistole wieder in die manteltaschen. Lock war wieder vollständig. Nur noch das Schwert wieder an sich genommen und ab nach Hause.

Als sich die Tür seines Hauses hinter sich schloss, atmete Akutos hörbar auf. Er hing nicht sehr an diesem haus, aber doch fühlte er sich hier sicher. Die nächsten Schritte waren klar. Baden, umziehen, auf zum Ball. Er hatte sich schon eine ganze Weile nicht mehr gebadet, bestimmt einen Monat. Auf dem Ball sollte er geruchlich nicht so stark vertreten sein.
Als er sich in das heiße (okay, eher lauwarme) Wasser ließ, spürte er einen brennend-stechenden Schmerz an seinem Bein. Verdammt, der Schnitt, den hatte er vollkommen vergessen. Den sollte er sich noch verbinden. Und die Schmerztablette erneuern, die hatte ihre Wirkung wohl schon aufgegeben. Aber der Reihe nach.
Nachdem er sich außgiebig mit Shampoo gewaschen hatte, um möglichst normal zu riechen, stieg er aus der Wanne, ließ das Wasser aber drin, um die Wohnung zu wärmen. In der bescheidenen badezimmerapotheke fand er noch einen Verband, den er sich auch professionell um das verletzte Bein schnürte, so etwas machte er schließlich nicht zum ersten Mal. Okay, diese Punkte waren schon einmal abgehackt. Jetzt ging es daran, das Bild für den Abend zu vervollkommnen, also passende Kleidung und eine Maske herauszusuchen. Der Kleiderschrank des letzten Dragonjowitsch war wie zu erwarten eher spartanisch eingerichtet. Nach einigen Suchen jedoch hatte Akutos seine Abendgarderobe zusammengestellt. Eine dunkelgraue Hose, dazu ein blaues hemd und ein ebenfalls dunkelgraues Sacko aus Wollstoff. Die Maske war auch schon seit längerem in seinem Besitz, eine Kunststoffmaske, die das gesicht einer Spinne zeigte. befestigt wurde sie am Kopf mit Hilfe von Acht drähten, die mit Hilfe von Schaumstoff zu Spinnenbeinen gearbeitet waren und um den Kopf gebogen wurden. Er mochte diese Maske. Gerade wollte er sich auf den Weg machen, als ihm noch etwas einfiel. Er schnappte sich sein Sichtgerät und setzte es sich noch einmal über die Augen und stellte den Scanmodus ein. Dann hielt er das Schwert mit einer behandschuhten Hand vor sein gesicht und funkte Shion an. Die war gerade nicht da, aber er hinterließ ihr eine Sprachnachricht, während das Schwert gescannt wurde und erste Daten zur Blutgruppe, Abbilder der Fingerabdrücke und allgemeine Daten zum Schwert an Shion gesendet wurden. "Shion, dieses Schwert habe ich einem Mädchen abgenommen, das damit einen mann umgebracht hat. Kannst du anhand des Blutes und der Fingerabdrücke etwas über beide herausfinden?" Nach kurzem Überlegen fügte er noch hinzu. "Mein Blut ist auch an der Spitze. Das brauchst du nicht zu beachten... und vielleicht sind auch meine Fingerabdrücke am Griff"
nach dieser kurzen verständigung steckte er die Maske ein, ergriff die Einladung, die ein unachtsamer Oberschichtbürger verloren hatte und machte sich auf den Weg.

--> Sounthil-Villa